Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen beschließen können, auch wenn die Nutzung der betroffenen Flächen ausschließlich bestimmten Eigentümern zugutekommt. Diese Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und schließt Maßnahmen ein, die über die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Ein Beispiel hierfür ist die Errichtung von Gartenhütten.
Im verhandelten Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, dass auf einer Gemeinschaftsfläche Gartenhütten errichtet werden dürfen. Die Details zu den Maßen und der Nutzung wurden im Beschluss geregelt. Darüber hinaus sah der Beschluss vor, dass die Eigentümer der Hütten monatlich zehn Euro an die übrigen Eigentümer zahlen sollten, um die Nutzung der Gemeinschaftsfläche zu kompensieren. Dieser Beschluss stand jedoch im Widerspruch zu einer früheren Vereinbarung, die die Nutzung der Fläche als Stellplatz für Mülltonnen vorsah. Ein Eigentümer klagte daher gegen den Beschluss.
Der BGH entschied, dass die Wohnungseigentümer die bauliche Veränderung und die exklusive Nutzung der Gartenhütten beschließen durften. Gemäß § 21 WEG können bauliche Veränderungen auch dann beschlossen werden, wenn sie die dauerhafte Nutzung durch einzelne Eigentümer vorsehen. Eine frühere Vereinbarung über die Nutzung der Fläche als Mülltonnenstellplatz stand dem nicht entgegen, da die Vereinbarung lediglich faktisch, nicht rechtlich, aufgehoben wurde.
Die Beschlusskompetenz endete jedoch bei der Festlegung von Zahlungen zwischen den Eigentümern. Der BGH stellte fest, dass das Wohnungseigentumsgesetz keine Beschlusskompetenz für die Regelung finanzieller Verpflichtungen zwischen Eigentümern vorsieht. Diese fehlende Kompetenz führte dazu, dass der gesamte Beschluss gemäß § 139 BGB für nichtig erklärt wurde. Die Regelung zur Nutzungsentschädigung war eng mit der Gestattung der Gartenhütten verbunden, sodass der Beschluss nicht teilweise aufrechterhalten werden konnte.
Das Urteil betont, dass die Beschlusskompetenz für bauliche Veränderungen umfassend ist, jedoch die Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung beachten muss. Bauliche Maßnahmen dürfen keinen Eigentümer unbillig benachteiligen oder die Wohnanlage grundlegend umgestalten. Gleichzeitig zeigt das Urteil, dass Regelungen zu finanziellen Verpflichtungen zwischen Eigentümern nicht per Beschluss beschlossen werden können.
Das Urteil des BGH unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Beschlussfassung die rechtlichen Vorgaben und die Grenzen der Beschlusskompetenz genau zu beachten. Eine Missachtung dieser Regeln kann zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wie im vorliegenden Fall deutlich wurde.
(BGH, Urteil v. 19.7.2024, V ZR 226/23)
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