Rechtsprechung

Beginn der Verjährung bei Schlüsseleinwurf durch den Mieter – auch gegen den Willen des Vermieters

22.04.2025
3 Minuten

Sachverhalt:

Ein Vermieter eines Gewerberaums verlangt vom Mieter nach Ende des Mietverhältnisses Schadensersatz. Der Mieter hatte den Mietvertrag im März 2020 gekündigt, allerdings die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten, sodass das Mietverhältnis bis zum 4. Juni 2021 andauerte. Trotzdem zog der Mieter bereits am 31. Dezember 2020 aus und warf die Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters – ohne dessen Zustimmung.

In einem Schreiben vom 7. Januar 2021 erklärte der Vermieter, dass er die Rückgabe der Schlüssel nicht akzeptiere und zur Rücknahme der Mietsache nicht bereit sei. Im Juni 2021 forderte er den Mieter auf, bestimmte Schäden an den Mieträumen zu beheben, blieb jedoch erfolglos. Ende August 2021 beantragte der Vermieter schließlich einen Mahnbescheid über Schadensersatzforderungen in Höhe von über 30.000 Euro. Der Mieter berief sich darauf, dass etwaige Ansprüche bereits verjährt seien.

Gerichtliche Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Schadensersatzansprüche des Vermieters verjährt sind (§ 548 Abs. 1 BGB). Danach verjähren Ansprüche des Vermieters wegen Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache innerhalb von sechs Monaten – beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

In diesem Fall begann die Verjährungsfrist spätestens am 8. Januar 2021, also an dem Tag, nachdem der Vermieter vom Schlüsseleinwurf Kenntnis erlangt hatte. Denn ab diesem Zeitpunkt hatte der Vermieter die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räume – der Mieter hatte den Besitz vollständig aufgegeben, während der Vermieter ungehinderten Zugang hatte und sich über den Zustand der Mietsache informieren konnte.
(BGH, Urteil vom 29.01.2025, Az. XII ZR 96/23)

Wesentliche Punkte der Entscheidung:

  • Für den Beginn der Verjährung ist nicht erforderlich, dass das Mietverhältnis bereits beendet ist oder der Vermieter der Rückgabe zustimmt.
  • Maßgeblich ist die Rückerlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Mietsache, nicht die Rückgabe im rechtlichen Sinne nach § 546 Abs. 1 BGB.
  • Auch wenn der Vermieter die Rückgabe nicht wünscht oder ablehnt, beginnt die Verjährungsfrist, sobald ihm der Besitz wieder zusteht.
  • Der Vermieter wird dadurch nicht unangemessen benachteiligt, da ihm weiterhin etwaige Ansprüche wegen Pflichtverletzungen des Mieters sowie Mietforderungen bis zum Vertragsende zustehen.

Fazit:

Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters kann bereits durch den (auch unerwünschten) Einwurf der Schlüssel durch den Mieter beginnen – vorausgesetzt, dieser gibt den Besitz vollständig auf und der Vermieter erlangt dadurch die Möglichkeit, über die Mietsache zu verfügen.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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