Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2024 (V ZR 81/23) ist einprägendes Beispiel dafür, dass das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (kurz: WeMoG) von 2020 den Eigentümergemeinschaften einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt hat.
Wie flexibel und dennoch gerecht die Verteilung von Kosten innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gestaltet werden kann, zeigt diese aktuelle Entscheidung. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Kostenverteilung.
In dem verhandelten Fall ging es um die Kostenverteilung für die Instandhaltung einer Tiefgarage mit Doppelparkern, die z.T. im Gemeinschaftseigentum einer WEG sehen.
Die Eigentümer beschlossen, dass die Kosten für die Sanierung zukünftig nur von den Eigentümern der Doppelparker getragen werden sollten, welche diese tatsächlich nutzen. Das sollte auch für die Doppelparker gelten, die im Gemeinschaftseigentum stehen. Der Kläger, Eigentümer von vier Doppelparkern, sah sich dadurch ungerecht behandelt und klagte gegen diesen Beschluss.
Der BGH wies die Anfechtungsklage des Klägers zurück und bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Entscheidend für das Gericht war, dass die Änderung des Verteilungsschlüssels durch die Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach und somit rechtens war.
Die Richter betonten, dass Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Befugnis haben, über eine von der gesetzlichen oder vertraglichen Regelung abweichende Kostenverteilung zu beschließen, selbst wenn dadurch einige Eigentümer von der Kostenübernahme befreit oder erstmalig mit Kosten belastet werden.
Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft einen erheblichen Spielraum bei der Gestaltung der Kostenverteilung hat. Sie können entscheiden, dass nur diejenigen Eigentümer für die Kosten aufkommen müssen, die auch tatsächlich einen Nutzen daraus ziehen. Dies ist besonders relevant in Fällen, wo bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums nicht von allen Eigentümern genutzt werden.
Für Immobilienverwalter und Wohnungseigentümer bedeutet dies eine größere Flexibilität bei der Anpassung der Kostenverteilung an die tatsächliche Nutzung und den tatsächlichen Nutzen von Gemeinschaftseigentum. Es erlaubt eine gerechtere und effizientere Verwaltung der Gemeinschaftsgelder, da Kosten direkt denjenigen zugewiesen werden können, die davon profitieren.
Das BGH-Urteil, V ZR 81/23 vom 22. März 2024, ist ein wichtiger Meilenstein für die Verwaltung von Wohnungseigentum in Deutschland und eins der ersten höchstrichterlichen Urteile zum neuen WeMoG.
Es stärkt die Selbstverwaltungskompetenz der Wohnungseigentümer und ermöglicht eine an den individuellen Gegebenheiten orientierte Kostenverteilung.
Dieses Urteil zeigt, dass eine flexible Handhabung der Kostenverteilung möglich ist, ohne die Grundsätze der Gerechtigkeit und Gleichbehandlung zu verletzen. Für Immobilienverwalter ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Beschlüsse der WEG kritisch zu begleiten und darauf zu achten, dass diese sowohl den rechtlichen Rahmenbedingungen als auch den tatsächlichen Bedürfnissen der Eigentümer entsprechen.
Hier geht es zum BGH Urteil v. 22.03.2024, V ZR 81/23 im Volltext.
Shari Heep ist Juristin mit Fokus auf IT- Recht und Gründerin & CEO von SCALARA. Sie hat schon seit ihrem Abitur in der familiären Hausverwaltung mitgearbeitet und dort vor allem die digitale Transformation vorangetrieben. Durch ihre praktische Erfahrung aus der Immobilien- und Verwaltungsbranche kennt sie die Herausforderungen der Branche sehr genau.
Mit der Gründung von SCALARA hat Shari ihre Leidenschaft für alles Digitale mit ihren Verwalterwurzeln verbunden.