Mit dem Frühling beginnt für viele die Pflanzzeit – doch beim Schmücken von Balkonen mit Blumen und Pflanzen sind rechtliche Vorgaben zu beachten. Besonders häufig kommt es zu Diskussionen, wenn Blumenkästen außen am Balkongeländer angebracht werden. Sowohl Mieter als auch Wohnungseigentümer müssen sich an bestimmte Regeln halten. Mehrere Gerichte haben dazu bereits Stellung bezogen.
Grundsätzlich dürfen Mieter und Eigentümer ihre Balkone bepflanzen und auch Blumenkästen nutzen. Doch im Einzelfall können Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft (WEG) Einschränkungen festlegen – insbesondere, wenn es um die Befestigung an der Außenseite des Geländers geht. Sicherheit und Erhalt des Gebäudes stehen dabei im Vordergrund.
In einem Fall beschloss eine Eigentümerversammlung nach über 40 Jahren, dass alle Blumenkästen künftig nur noch nach innen zu hängen seien. Eine Wohnungseigentümerin klagte dagegen – erfolglos. Das Amtsgericht München entschied: Der Beschluss sei wirksam und Teil der ordnungsgemäßen Verwaltung.
Die Regelung diene dem Schutz der Fassade vor Verschmutzungen durch überlaufendes Wasser und verhindere Gefahren durch herabfallende Kästen – eine konkrete Gefahr musste nicht nachgewiesen werden. Die persönliche Freiheit der Eigentümerin werde durch die neue Regelung nicht unangemessen eingeschränkt (AG München, Urteil v. 12.11.2024, 1293 C 12154/24 WEG).
Wenn sich unter einem Balkon andere Bewohner aufhalten, kann das Gießen von Pflanzen zur Beeinträchtigung werden. Das Landgericht München I urteilte: Tropfwasser auf darunterliegende Balkone ist unzumutbar – der betroffene Eigentümer kann verlangen, dass das Gießen unterbleibt (LG München I, Urteil v. 15.09.2014, 1 S 1836/13 WEG).
Im Mietrecht gilt: Das Anbringen von Blumenkästen zählt grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung. Dennoch darf der Vermieter aus berechtigtem Interesse – etwa wegen der Verkehrssicherungspflicht – die Anbringung an der Außenseite untersagen. So urteilte das Landgericht Berlin, da sich unter dem Balkon eine Stellfläche für Autos befand. Herabfallende Kästen könnten dort Menschen oder Fahrzeuge gefährden. In diesem Fall mussten die außen angebrachten Kästen entfernt werden (LG Berlin, Urteil v. 3.7.2012, 65 S 40/12).
Anders entschied das Landgericht Hamburg: Wenn keine konkrete Gefährdung durch außen angebrachte Blumenkästen besteht, darf der Mieter sie weiterhin nutzen. Der Vermieter konnte keine Risiken darlegen – damit lag eine zulässige Nutzung der Mietsache vor (LG Hamburg, Urteil v. 7.12.2004, 316 S 79/04).
Ein weiteres Beispiel: Hingen Pflanzen eines Mieters deutlich über die Brüstung hinaus und verschmutzten die Terrasse des darunter wohnenden Nachbarn, musste die Bepflanzung zurückgeschnitten werden. Das Landgericht Berlin wertete dies als vertragswidrige Nutzung – die Interessen des Nachbarn seien nicht ausreichend berücksichtigt worden (LG Berlin, Urteil v. 28.10.2002, 67 S 127/02).
Nicht jede WEG kann von sich aus einem Mieter das Entfernen von Blumenkästen vorschreiben. Das Landgericht München I entschied: Nur der jeweilige Wohnungseigentümer ist berechtigt, aus dem Mietvertrag heraus Anforderungen an den Mieter zu stellen – nicht jedoch die WEG. Im konkreten Fall konnte zudem keine Fassadenschädigung festgestellt werden, sodass auch kein Unterlassungsanspruch bestand (LG München I, Urteil v. 8.5.2001, 13 S 2348/01).
Ob und wie Blumenkästen angebracht werden dürfen, hängt sowohl von mietrechtlichen Regelungen als auch vom Wohnungseigentumsrecht ab. Sicherheit, Rücksichtnahme auf andere und der Zustand des Gebäudes spielen dabei eine zentrale Rolle. Wer Konflikte vermeiden will, sollte im Zweifel vor dem Aufhängen der Blumenkästen Rücksprache mit Vermieter oder Eigentümergemeinschaft halten.
Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
Mehr zu Ihrer Person finden Sie hier.