Ein Miteigentümer hat eigenmächtig zu einer Eigentümerversammlung eingeladen, obwohl er dazu nicht berechtigt war. Dies wirft die Frage auf, ob die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse ungültig sind und ob Eigentümer das Treffen ignorieren können. Mit genau dieser Fragestellung hat sich das Landgericht Frankfurt/Main auseinandergesetzt (Urteil vom 13.02.2025, Az. 2-13 S 71/24).
Im betreffenden Fall bestand die Eigentümergemeinschaft aus zwei Miteigentumsanteilen. Es gab weder einen Verwalter noch einen Verwaltungsbeirat. Einer der Eigentümer lud die anderen zur Versammlung ein. Die anderen Eigentümer erschienen nicht, und der einladende Eigentümer führte die Versammlung allein durch. Die abwesenden Eigentümer erhoben später Klage gegen die Beschlüsse, da sie der Meinung waren, die Beschlüsse seien ungültig, weil der Einladende nicht als Verwalter bestellt war und daher nicht zur Versammlung einladen durfte. Die Klage richtete sich zunächst gegen den einladenden Eigentümer und wurde nach Ablauf der Anfechtungsfrist gegen die Eigentümergemeinschaft gerichtet.
Die Klage war erfolglos. Eine Klage gegen den einladenden Eigentümer ist unzulässig, da Beschlussklagen gegen die Eigentümergemeinschaft gerichtet sein müssen (§ 44 Abs. 2 WEG). Da die Klage erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingelegt wurde, war sie gegenüber der Eigentümergemeinschaft ebenfalls nicht fristgerecht.
Entscheidend war, ob die gefassten Beschlüsse als nichtig anzusehen waren. Obwohl der einladende Eigentümer nicht berechtigt war, hatte die fehlerhafte Einladung keine direkte Auswirkung auf die Gültigkeit der Beschlüsse. Zur Einladung ist normalerweise nur der Verwalter oder ein durch Beschluss ermächtigter Eigentümer berechtigt (§ 24 Abs. 3 WEG). Fehlt eine solche Ermächtigung, sind Beschlüsse nur dann gültig, wenn alle Eigentümer anwesend sind oder ein Gericht die Einberufung anordnet.
Beschlüsse, die in einer unzulässig einberufenen Versammlung gefasst wurden, sind nicht automatisch nichtig. Sie können nur dann als nichtig betrachtet werden, wenn die fehlerhafte Einladung die Beschlussfassung beeinflusst hat oder das Wohnungseigentumsgesetz systematisch missachtet wurde. Die Vorschriften des § 24 WEG zur Versammlungseinberufung sind veränderbar und Verstöße führen in der Regel nur zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse.
Fazit: Das Ignorieren einer Versammlungseinladung von einem nichtberechtigten Eigentümer ist nicht zu empfehlen. Selbst unter solchen Umständen gefasste Beschlüsse können nach Ablauf der Anfechtungsfrist wirksam werden. Nur eine erfolgreiche Anfechtung kann gefasste Beschlüsse aufheben.
Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
Mehr zu Ihrer Person finden Sie hier.