Rechtsprechung

Ende der Verwaltertätigkeit - Herausgabeanspruch - Konflikte um die Vollständigkeit der herausgegebenen Dokumente

08.04.2025
3 Minuten

Nachdem ein Verwalter sein Amt niedergelegt hat, steht die Herausgabe der Verwaltungsunterlagen an die Eigentümergemeinschaft an. Dieses Thema führt häufig zu Auseinandersetzungen: Gilt die Herausgabepflicht lediglich für physische Dokumente, die in Akten abgelegt sind, oder erstreckt sie sich auch auf digitale Unterlagen? Ein Urteil des Amtsgerichts Böblingen (vom 17.09.2024, Az. 11 C 367/24 WEG) bietet Klarheit über den Umfang der Herausgabepflicht eines ehemaligen Verwalters gegenüber der Eigentümergemeinschaft.

In dem verhandelten Fall hatte die Eigentümergemeinschaft den Verwalter aus triftigen Gründen entlassen und verlangte die Zusammenstellung aller Verwaltungsunterlagen zur Abholung. Es entbrannte ein Streit darüber, ob der Verwalter wirklich alle Unterlagen bereitgestellt hatte, was das Amtsgericht zu klären hatte.

Umfassender Herausgabeanspruch

Das Gericht urteilte, dass der ausgeschiedene Verwalter der Gemeinschaft alle Unterlagen aushändigen muss, die er während seiner Amtszeit erhalten oder durch die Geschäftsbesorgung erlangt hat (§§ 675, 667 BGB). Sollte Unsicherheit darüber bestehen, ob alle Unterlagen herausgegeben wurden, ist der Verwalter verpflichtet, alle möglichen und zumutbaren Schritte zu unternehmen, um die vorhandenen Dokumente zu ermitteln und herauszugeben. Zu den herauszugebenden Unterlagen zählen nicht nur Papierdokumente, sondern auch alle Arten von Daten, inklusive elektronisch gespeicherter Informationen. Diese können auf physischen Datenträgern übergeben, per E-Mail verschickt oder durch Datentransfer online bereitgestellt werden. Die Herausgabepflicht wird weit ausgelegt und umfasst auch von dem Verwalter selbst angelegte Vorgänge, ausgenommen sind lediglich private Notizen.

Der Anspruch beinhaltet zudem die Verpflichtung, die kontoführende Bank der Eigentümergemeinschaft zur Freigabe der gespeicherten Daten zu veranlassen. Weiterhin kann die Gemeinschaft vom Verwalter Auskünfte einfordern, etwa bezüglich noch unbearbeiteter Dokumente oder Daten im verwendeten Verwaltungsprogramm. Diese Auskünfte können vor, während oder nach der Beauftragung verlangt werden.

Fazit:

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Herausgabeanspruch der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem ehemaligen Verwalter umfassend ist. Er bezieht sich auf alle schriftlichen wie digitalen Unterlagen. Der ehemalige Verwalter ist darüber hinaus verpflichtet, Auskünfte zu den Unterlagen zu erteilen, sollte Unklarheit bestehen.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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