Praxistipps

Keine Angst vor WEG-Darlehen – Der Schlüssel für große Sanierungsmaßnahmen, auch für Millionenbeträge

05.08.2024
3 Minuten

Noch immer haben viele Verwalter und Eigentümer Bedenken beim Einsatz von Darlehen als Finanzierungsinstrument für große Sanierungsmaßnahmen.

Dabei herrscht gesetzlich und durch Urteile des Bundesgerichtshofs völlige Klarheit, dass es zulässig ist, dass Wohnungseigentümergemeinschaften Darlehen aufnehmen.

Viele Verwalter und Eigentümer kennen nicht die Vorteile und Flexibilität eines WEG-Darlehens.

Wie läuft die Aufnahme eines Darlehens für eine Wohnungseigentümergemeinschaft ab?

Vorbereitung durch den Verwalter:

  1. Die Sanierungsmaßnahme, die ganz oder teilweise mit einem Darlehen finanziert werden soll, muss ausgearbeitet sein und Angebote der ausführenden Firmen müssen beschlussreif vorliegen.
  2. Der Verwalter holt Angebote für ein WEG-Darlehen bei entsprechenden Banken ein, z.B. bei der BFW-Bank AG.

Einladung zu einer Info-Veranstaltung:

Es wird empfohlen, mit den Ergebnissen der Angebotseinholung und den Darlehensangeboten, welche für die einzelne Einheit in Form einer Tabelle dargestellt werden sollten, eine Info-Veranstaltung abzuhalten. Dort können alle Eigentümer ihre Fragen stellen, ohne dem Druck einer anschließenden direkten Beschlussfassung ausgesetzt zu sein.

Einladung zur Eigentümerversammlung:

Auf der Eigentümerversammlung soll die Beschlussfassung über die Sanierungsmaßnahme mit gleichzeitigem Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme erfolgen. Die Finanzierung der Maßnahmen kann durch vorhandene Rücklagen, Sonderumlagen oder ein Darlehen für die Eigentümergemeinschaft erfolgen. In der Praxis hat sich eine Mischform als gutes Instrument für die Finanzierung, auch von großen Maßnahmen, die oft Ausgaben in Millionenhöhe bedeuten, bewährt.

Diese Mischform hat den Vorteil, dass die meisten Eigentümer erreicht werden können und so wenige Eigentümer wie möglich finanziell überfordert werden.

Ein Beschluss kann mit folgenden Eckpunkten gefasst werden:

Die Gemeinschaft beschließt,

  1. dass eine Sonderumlage in Höhe der benötigten Mittel erhoben wird, zahlbar zu einem bestimmten Stichtag/Fälligkeit. Diese Sonderumlage wird der Erhaltungsrücklage zugeführt.
  2. dass sie ein Darlehen in der maximalen Höhe der Sonderumlage aufnimmt, um die Finanzierung der Maßnahme abzusichern. Der Anteil des Eigentümers am Darlehen ist damit maximal so hoch wie der Anteil an der Sonderumlage.
  3. dass jeder Eigentümer bis zum Ablauf der Fälligkeit für die Einzahlung der Sonderumlage den Anteil der Sonderumlage ganz oder in Teilbeträgen einzahlen muss. Der verbleibende Restbetrag wird seitens der WEG als Darlehen aufgenommen und somit die fehlenden Sonderumlagebeträge ausgeglichen. Die Darlehensrate wird dann für die Dauer des Darlehens auf die Eigentümer verteilt, jährlich in den Wirtschaftsplan eingestellt und mit Jahresabrechnung verteilt, die die Sonderumlage nicht oder nur teilweise zum Fälligkeitstermin eingezahlt haben.
  4. dass die Maßnahme durch Firma xxxx umgesetzt werden soll und die Kosten durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden.

Durch die Zuführung der Sonderumlage in die Erhaltungsrücklage und die Finanzierung der Maßnahme aus der Erhaltungsrücklage entsteht eine hohe Flexibilität. Sollten die Kostenansätze nicht ausreichen oder zu großzügig bemessen sein, werden fehlende Mittel aus der Erhaltungsrücklage finanziert oder überschüssige Mittel verbleiben in der Erhaltungsrücklage.

Wichtige Punkte zu WEG-Darlehen:

  1. WEG-Darlehen werden nicht grundbuchlich abgesichert, die Eigentumswohnungen werden nicht belastet. Daher sind die Zinsen etwa 2 % höher als für ein Hypothekendarlehen. Durch die fehlende Möglichkeit der Grundbuchabsicherung gibt es nur wenige Banken am Markt, die WEG-Darlehen anbieten, z.B. die BFW-Bank.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist Vertragspartner für das WEG-Darlehen und schuldet die Darlehensrate.
  3. Fällt ein Eigentümer mit der Zahlung seines Vorschusses aus, in dem auch sein Beitrag zur Darlehensrate enthalten ist, ist dies dem Ausfall bei einem Eigentümer ohne Darlehensrate gleichzusetzen. Der Verwalter wird ordnungsgemäß mahnen und alle Beitreibungsmaßnahmen bis zur Versteigerung der Wohnung einleiten. Ein neuer Eigentümer muss dann die Vorschusszahlung wieder inklusive des Anteils der Darlehensrate fortführen. Eine Darlehensaufnahme, an der ein Eigentümer sich zum Zeitpunkt der Sanierungsmaßnahme beteiligt hat, „klebt“ somit an der Einheit bis zur Tilgung des Darlehens.
  4. Die Absicherung einer Sanierungsmaßnahme mit einem WEG-Darlehen hat den Vorteil, dass auch Eigentümer, die keine Sonderumlage leisten können, mit Monatsbeiträgen aufgefangen werden. Damit können auch Eigentümer, die selbst kein Darlehen aufnehmen können, z.B. Rentner, sich für große Sanierungsmaßnahmen entscheiden.
  5. Die Haftung für das WEG-Darlehen im Außenverhältnis tragen alle Eigentümer gemeinsam, im Innenverhältnis ist sie begrenzt. Dies ist damit mit allen Dauerkosten, z.B. Vollwartungsverträge für Aufzüge oder Contractingverträge für Heizanlagen, vergleichbar. Darlehen mit Darlehensraten stellen in dieser Hinsicht keine Besonderheit dar.

Ein Artikel von
Astrid Schultheis
SCALARA Expertin für Rechnungswesen; Ö.r.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung; Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung

Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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