Das Nachbarschaftsrecht regelt zahlreiche Konflikte zwischen Grundstückseigentümern, darunter auch die Frage, ob Vorschüsse zur Beseitigung von Beeinträchtigungen durch benachbarte Bäume verlangt werden können. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. März 2023 (V ZR 67/22) behandelt genau diesen Sachverhalt und bringt Klarheit in die rechtliche Lage.
In dem entschiedenen Fall wuchsen die Wurzeln einer Pappel vom Grundstück der Beklagten in das des Klägers und beschädigten dort das Pflaster. Der Kläger forderte die Beklagten auf, die Pappel zu fällen und die Wurzeln zu beseitigen. Nachdem die Beklagten dies verweigerten, verlangte der Kläger einen Vorschuss zur Beseitigung der Beeinträchtigung.
Der BGH entschied, dass dem Kläger kein Anspruch auf einen Vorschuss gemäß § 281 BGB zusteht. Diese Norm, die vertragliche Schadensersatzansprüche regelt, ist nicht auf nachbarrechtliche Ansprüche übertragbar. Stattdessen konnte sich der Kläger auf § 1004 Abs. 1 BGB stützen, der den Anspruch auf Beseitigung unzulässiger Beeinträchtigungen festlegt. Dieser umfasst die Entfernung der Wurzeln sowie die Wiederherstellung der betroffenen Pflastersteine.
Der BGH stellte klar, dass § 281 BGB auf vertragliche Schuldverhältnisse beschränkt ist und keine Anwendung auf nachbarrechtliche Ansprüche findet. Zwar hat der Kläger einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 BGB, jedoch nicht auf einen Vorschuss zur Durchführung dieser Maßnahme. Der Kläger war auch nicht an der Durchsetzung seines Beseitigungsanspruchs gehindert, was einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen hat.
Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass Vorschüsse zur Beseitigung von Wurzelschäden im Nachbarschaftsrecht nicht beansprucht werden können, sofern keine vertraglichen Verpflichtungen bestehen. Grundstückseigentümer können jedoch nach § 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung von Beeinträchtigungen verlangen.
Shari Heep ist Juristin mit Fokus auf IT- Recht und Gründerin & CEO von SCALARA. Sie hat schon seit ihrem Abitur in der familiären Hausverwaltung mitgearbeitet und dort vor allem die digitale Transformation vorangetrieben. Durch ihre praktische Erfahrung aus der Immobilien- und Verwaltungsbranche kennt sie die Herausforderungen der Branche sehr genau.
Mit der Gründung von SCALARA hat Shari ihre Leidenschaft für alles Digitale mit ihren Verwalterwurzeln verbunden.