Wenn ein Miteigentümer sein monatliches Hausgeld nicht zahlt, ist die Zustellung der Klage und eines späteren Urteils an dessen postalische Anschrift erforderlich. Ist diese nicht bekannt, kann die öffentliche Zustellung erfolgen – allerdings nur nach umfassenden Vorarbeiten (BGH, Urteil v. 22.02.2024, Az. V ZR 117/23).
In einem konkreten Fall verlangte eine Eigentümergemeinschaft von einem Miteigentümer die Begleichung offener Forderungen in Höhe von 59.300 €. Der Eigentümer wurde in zwei Instanzen zur Zahlung verurteilt, wobei Klage und Versäumnisurteil öffentlich zugestellt wurden. Zuvor hatte die Gemeinschaft erfolglos versucht, das Protokoll der Eigentümerversammlung an die ihr bekannte Adresse zu senden. Eine weitere Adresse in Tschechien, die durch einen Rechtsanwalt mitgeteilt worden war, wurde nicht genutzt, ebenso wenig wie eine vorhandene E-Mail-Adresse des Eigentümers.
Der Eigentümer hielt die öffentliche Zustellung für unzulässig, da nicht alle möglichen Nachforschungen angestellt worden seien. Der Bundesgerichtshof (BGH) sollte klären, ob die Zustellung rechtmäßig war.
Der BGH entschied zugunsten des Eigentümers. Nach §185 Nr. 1 ZPO ist eine öffentliche Zustellung nur zulässig, wenn der Aufenthaltsort des Zustellungsempfängers unbekannt ist und keine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten möglich ist. Dabei sind hohe Anforderungen an die Feststellung des unbekannten Aufenthalts zu stellen.
Die Eigentümergemeinschaft hätte:
Da diese Schritte unterblieben, war die öffentliche Zustellung unzulässig. Dies verletzte den Anspruch des Eigentümers auf rechtliches Gehör. Der BGH verwies die Angelegenheit zurück an die Vorinstanz, um die Einwände des Eigentümers gegen das Zahlungsverlangen zu prüfen.
Die öffentliche Zustellung von Klagen und Urteilen ist nur als letztes Mittel zulässig. Vorher müssen alle zumutbaren Schritte unternommen werden, um eine zustellfähige Adresse des Miteigentümers zu ermitteln. Dazu zählt:
Unterlassen Sie diese Maßnahmen, riskieren Sie, dass ein Urteil aufgehoben wird, weil der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde.
Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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