Das Landgericht Frankfurt hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob und unter welchen Umständen auf das Einholen von Vergleichsangeboten für kostenauslösende Maßnahmen verzichtet werden kann (Urteil v. 01.08.2024, Az. 2 - 13 S 23/24). Grundsätzlich ist der Beschluss über Vergleichsangebote ein wesentlicher Bestandteil ordnungsgemäßer Verwaltung.
In dem verhandelten Fall beschloss eine Eigentümergemeinschaft Maßnahmen zur Pflasterabsenkung, die Kosten von etwa 4.700 € verursachten. Der Beschluss beinhaltete den Passus: „Die Gemeinschaft verzichtet aufgrund der besonderen Umstände im Handwerksbereich auf weitere Angebote.“ Das Protokoll führte an, dass zwar zwei andere Firmen angefragt worden waren, jedoch keine Angebote abgegeben hatten.
Zusätzlich wurde eine Grundreinigung der Fallleitungen beschlossen, die rund 8.800 € kosten sollte. Auch hier verzichtete die Gemeinschaft auf das Einholen weiterer Angebote. Ein Wohnungseigentümer klagte und argumentierte, dass die Beschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen, da keine Vergleichsangebote eingeholt worden waren.
Das Landgericht Frankfurt entschied zugunsten der Eigentümergemeinschaft. Es stellte fest, dass das Einholen weiterer Angebote in diesem Fall nicht erforderlich war. Zwar ist das Einholen von mindestens drei Vergleichsangeboten bei nicht geringfügigen Erhaltungsmaßnahmen grundsätzlich erforderlich, doch gibt es Ausnahmen:
Das Gericht entschied, dass das Einholen von Vergleichsangeboten entbehrlich ist, wenn das Auftragsvolumen weniger als 5 % des durchschnittlichen Wirtschaftsplans der letzten drei Jahre beträgt. Im vorliegenden Fall lagen die Kosten der Pflasterarbeiten bei unter 1 % und die der Fallrohrreinigung bei unter 2 % des Wirtschaftsplans.
Auch wenn in diesem Fall auf Angebote verzichtet wurde, weil andere Firmen keine Angebote eingereicht hatten, war dies aufgrund der geringen Auftragssummen nicht entscheidend.
Das Urteil zeigt, dass ein Verzicht auf Vergleichsangebote nicht per Beschluss erfolgen kann. Solche Angebote sind jedoch entbehrlich, wenn das Auftragsvolumen unter 5 % des durchschnittlichen Wirtschaftsplans der letzten drei Jahre liegt. Eigentümergemeinschaften sollten sich bei kostenauslösenden Maßnahmen an diese Grenze halten, um ordnungsgemäße Beschlüsse zu fassen.
Astrid Schultheis ist eine von vier bundesweit ö.r.v.u.b. Sachverständige für Wohnungseigentumsverwaltung und schreibt Gutachten für Gerichtsverfahren, insb. zum Thema WEG-Abrechnung und Rechnungswesen. Sie ist Mitentwicklerin der WEG-Musterabrechnung 1.0 - 3.0 und ist seit über 30 Jahren Inhaberin einer mittelständischen Verwaltungsgesellschaft.
Bei SCALARA arbeitet sie seit Anbeginn an der Konzeption insb. des Buchhaltungs- und Zahlungsverkehrmoduls mit und unterstützt mit Ihrem einzigartigem fachlichen Know-How.
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